Was ist Werkstatt-Unterricht?

Eine Unterrichtsform, die darin besteht, dass Lernende weitgehend selbstbestimmt in einer Lernumwelt und an Arbeitsposten einzeln, zu zweit oder in Gruppen Lernaufgaben bewältigen, ihren Lernweg selber bestimmen und ihre Lernerfolge z.T. selber kontrollieren.

Norbert Landwehr: Neue Wege der Wissensvermittlung

Merkmale von Werkstatt-Unterricht

  • Es gibt ein Angebot von Arbeitsplätzen mit strukturell zusammenhängenden Lernaufgaben, für deren Bearbeitung möglichst vielfältige Aktivitäten ausgeführt werden müssen.
  • Die Arbeitsplätze und Aufgabenstellungen ermöglichen handelndes und problemlösendes, frei gewähltes, aber auch vertiefendes, selbst kontrolliertes, individualisiertes, soziales und fächerübergreifendes Lernen.
  • Die Aufgabenstellungen werden den Ansprüchen der Lebensnähe, Motivation, Sinnganzheit, Erlebnis- und Erfahrungstiefe, Selbsttätigkeit und Selbständigkeit, Gruppenfähigkeit, Individualisierung und Persönlichkeitsförderung gerecht.
  • Die Werkstatt als Ganzes betont verschiedene didaktische Funktionen:
    • Erfahrungs-Werkstatt: Schwerpunkt Erleben, Erfahren, Problemlösen, Entdecken, Erkunden, Aufbauen von Einsichten, Wahrnehmen und Verstehen von Phänomenen, Erkennen von Prinzipien und Gesetzen
    • Übungs-Werkstatt: Einüben, Vertiefen, Durcharbeiten Anwenden, Übertragen, Lernkontrollen . . .
  • Je nach der 'didaktischen Funktion' steht die Werkstatt am Anfang, in der Mitte oder am Schluss einer längeren Lernphase.
  • Die Werkstatt kann für Stunden, Tage oder Wochen stehen bleiben; das ist vor allem ein Raum- und Organisationsproblem. Die einzelnen Aufgaben sollten in überschaubaren Zeitabschnitten (20 - 30 Minuten, ev. auch länger) und relativ unabhängig voneinander zu bewältigen sein.
  • Werkstatt-Arbeitsplätze sind oft "material-intensiv". Die Kernfrage lautet aber immer: Können Lernende an und mit Material bzw. Lernaufgaben selbständig, effizient, motiviert, ganzheitlich, selbst kontrolliert und erfolgreich lernen?

Organisatorische Elemente

Auftrag

Zu jedem Posten gehört ein Auftrag, der möglichst selbsterklärend, einfach, klar, kurz, prägnant und interessant ist.

Mit Piktogrammen und Farben kommen die einzelnen Werkstatt-Aufträge mit weniger Text aus und können ansprechender gestaltet werden. Farbiges Papier hilft zudem, die verschiedenen Schwierigkeitsgrade oder obligatorische Posten zu kennzeichnen.

Postenübersicht / Stand der Arbeiten

Für die Lehrperson ist es hilfreich, eine Postenübersicht mit den Namen der Lernenden, die die Posten bereits absolviert oder geplant haben, zur Verfügung zu haben. Dies ist natürlich ebenso unterstützend für die Lerndende, die sich so besser selbst organisieren können. Diese Übersicht kann an einer Tafel aufgeschrieben oder elektronisch projiziert werden.

Werkstatt-Pass

Der Arbeitspass ist ein Instrument der Lernenden, wo jede/r sich den Überblick über die Posten verschaffen kann.

Im Gegensatz zur Postenübersicht kann ein Arbeitspass so gestaltet werden, dass er eine Rückmeldung über die Qualität der geleisteten Arbeit ermöglicht. Und das ist, wenn man das Hauptziel des Werkstatt-Unterricht, die Förderung der Lern-, Arbeits- und Denkkompetenz, wirklich anstreben will, sehr wichtig.

Postenübersicht inhaltlich

Mit einer Kapiteleinteilung und inhaltlichen Zusammenfassungen der einzelnen Lernaufgaben wird die Werkstatt übersichtlicher. Zudem es ist möglich, auch bei Verzicht auf eine Unterscheidung zwischen Pflicht- und Kürposten, eine Minimalanforderung zu definieren, beispielsweise indem man aus jedem Kapitel mindestens einen Posten verlangt.

Lernverträge und (individuelle) Lernkontrollen

Lernverträge verstärken das Verantwortungsgefühl für das eigene Lernen. Die Lernenden werden dazu geführt, sich genau zu überlegen, wie viel sie sich zutrauen und wie viel sie zu leisten im Stande sind. Lernverträge können dazu verhelfen, die eigene Leistungsfähigkeit einzuschätzen und schrittweise zu steigern. Notwendig ist bei lernungewohnten Personen das Gespräch mit der Lehrperson, damit der Lernvertrag realistisch konzipiert wird.

Das Vereinbaren einer lernzielorientierten Lernkontrolle mitsamt den Beurteilungskriterien gibt dem Werkstatt-Unterricht einen verpflichtenderen Charakter und gewährleistet, dass die Lernenden effizienter lernen. Wichtig ist allerdings, dass diese Lernkontrolle den im Werkstatt-Unterricht wichtigsten Zielbereich "Förderung der Lern-, Arbeits- und Denkkompetenz" ebenfalls abdeckt.

Ablagefach für fertig bearbeitete Werkstatt-Aufträge

Ein Ablagefach für fertig bearbeitete Werkstatt-Aufträge einzurichten, schafft Übersicht und die Lehrperson hat fortlaufend den Überblick darüber, was sie korrigieren und kommentieren muss. Zudem "stören" die Lernenden während des Werkstatt-Betriebs nicht immer mit dem Abgeben.

Verhaltensregeln

Die Verhaltensregeln und deren Durchsetzung steuern das relativ komplexe Werkstattgeschehen und sorgen dafür, dass eine angemessene Ordnung, welche für sensible und leicht ablenkbare Lernende absolut notwendig ist, aufrechterhalten werden kann. Es ist wichtig, dass diese Verhaltensregeln gemeinsam erarbeitet werden. Es lohnt sich - besonders zu Beginn der Werkstatt und bei Anfängern - nach jedem Werkstattblock ein kurzes Gespräch darüber zu führen, wie es mit der Einhaltung der Regeln geklappt hat; welche Schwierigkeiten entstanden sind; wo sich die Lernenden gestört, unterstützt usw. fühlten. Vielleicht müssen dann gewisse Regeln abgeändert werden.

Überblick über den Leistungsstand?

Die systematische Diagnose von Schwierigkeiten und Fehlern der Lernenden bei der Bearbeitung einzelner Aufgaben ist nicht nur erforderlich, um geeignete Rückmeldungen zu geben, sondern ebenso für die eigene weitere Unterrichtsplanung.

Beim Werkstatt-Unterricht arbeiten die Lernenden selbständig an einer umfangreicheren Menge von Aufgaben. Zu einem Zeitpunkt sind in der Regel verschiedene Lernende mit verschiedenen Aufgaben befasst. Am Schluss der Lektion fällt eine Menge von ganz oder teilweise bearbeiteten Materialien an.

Informationen über den Stand der Arbeiten braucht die Lehrperson, um

  • Lernenden rechtzeitig zu helfen, die bei bestimmten Aufgaben Schwierigkeiten haben;
  • Lernende mit ähnlichen Schwierigkeiten in einer Gruppe zusammenfassen, und dieser Gruppe noch einmal Erläuterungen zu bestimmten Aufgaben geben zu können;
  • abzuschätzen, ob einzelne Lernende mit dem Werkstatt-Unterricht insgesamt nicht zurechtkommen, und um dann geeignete Massnahmen zu treffen.

So gewinnen Lehrpersonen den Überblick

  • Rundgänge durch die Klasse: Weder sollten Sie bei der Werkstatt-Arbeit an ihrem Pult sitzen und aus der Ferne die Klasse beaufsichtigen, noch sich ganz und ausschliesslich um einen kleinen Teil der Klasse kümmern, dem Sie helfen wollen. Bei Rundgängen sollten Sie sich ab und zu vergewissern, ob alle Lernenden zurecht kommen.
  • Werkstatt-Pässe: Wenn der Werkstatt-Pass Rubriken enthält für das Visieren sowohl durch die Lehrperson wie auch durch die Lernenden, kann die Lehrperson auf ihrem Rundgang schnell erfassen, wo die Lernenden stehen und fortlaufend selber visieren wo nötig.
  • Sammel-Mappe: Es hat sich bewährt, die Lernenden ihre Ergebnisse und alle losen Arbeitsmaterialien in einem Mäppchen sammeln zu lassen. Das ist für Lernende und Lehrperson übersichtlich.